Depot im Minus: Was tun?

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Am Kapitalmarkt sind Kursschwankungen normal. Deshalb kann es immer mal wieder passieren, dass das Depot ins Minus rutscht. Ein Grund, nervös zu werden, ist das nicht – zumindest dann nicht, wenn Sie gut gestreut und langfristig Ihr Geld anlegen. Wie sich Anleger bei einem Kursrutsch richtig verhalten.

Autor: Manuel Woelki

Lesezeit: 8 Min.

31. Juli 2023

Das Jahr 2022 hielt einen toxischen Cocktail aus schlechten Nachrichten für die Anleger bereit. So trieben die Lieferkettenprobleme infolge der Corona-Pandemie die Inflation nach oben, was wiederum die Notenbanken dazu veranlasste, die Zinsen zu erhöhen.

Verstärkt wurde diese Entwicklung durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine am 24. Februar. Die Energiepreise und damit auch die Teuerungsrate insgesamt gingen förmlich durch die Decke. Zur der dadurch notwendig gewordenen aggressiven Zinswende kamen nun die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts mit Russland, die drohende Energieknappheit und schließlich die Befürchtung einer Rezession hinzu.

Schwankungen am Kapitalmarkt sind normal

Das alles setzte die Kapitalmärkte unter Druck. Zwischen Januar und Oktober vergangenen Jahres verlor der deutsche Leitindex Dax rund 27 Prozent an Wert. Und aufgrund der stark gestiegenen Zinsen kamen zugleich Anleihen unter die Räder. Staatsanleihen aus der Eurozone verloren zwölf bis 15 Prozent, Unternehmensanleihen büßten zwischen elf und 16 Prozent ein.

Dass es für Anleger nicht einfach ist, in einer solchen Phase die Emotionen auszublenden und investiert zu bleiben, ist verständlich. Zusehen zu müssen, wie das eigene Portfolio jeden Tag an Wert verliert, dürfte bei vielen Investoren den Reflex hervorrufen, zu verkaufen.

Nicht überstürzt handeln bei negativer Entwicklung

Dass eine solche Verhaltensweisen nicht ungewöhnlich ist, das bestätigt die Behavioural Finance Theorie. Anders als die klassische Finanztheorie, die davon ausgeht, dass die Marktteilnehmer rational handeln, berücksichtigt diese neben dem reinen ökonomischen Einfluss auch psychologische und soziologische Faktoren.

Eine Erkenntnis daraus ist der so genannte Regency Bias. Dahinter verbirgt sich eine Art verzerrte Wahrnehmung, bei der aktuelle Ereignisse überschätzt werden. Bestimmen also schlechte Nachrichten und düstere Aussichten das aktuelle Bild, werden diese in die Zukunft fortgeschrieben. Das wiederum kann Anleger dazu verleiten, aus der Emotion heraus zu handeln und – im schlimmsten Fall – panikartig zu verkaufen, wenn das Depot im Minus ist.

Doch stellt sich die Frage, ob das zielführend ist. Wer am Kapitalmarkt investiert, muss bedenken, dass Kursschwankungen üblich sind. Die Auslöser dafür können vielfältiger Natur sein. Neben den eingangs beschriebenen Ursachen wie eine steigende Inflation, steigende Zinsen oder geopolitische Ereignisse, führten in den vergangenen Jahren auch die Corona-Pandemie, der Brexit, die Schuldenkrise in der Eurozone oder die Finanzkrise im Jahr 2009 zu zum Teil deutlichen Kursverlusten.

Dabei sind es allerdings nicht die Ereignisse selbst, die zu den Turbulenzen führen, sondern vielmehr deren zu diesem Zeitpunkt noch unklaren oder befürchteten Auswirkungen auf die künftige Wirtschaftsentwicklung und damit auf die Gewinne der Unternehmen, die für die Bewertung von Aktien entscheidend sind.

Zyklische Entwicklung ist der Normalfall bei Geldanlagen

Ohne Frage können die oben genannten Ereignisse immer wieder auftreten, was auch dazu führt, dass sich die Wirtschaft selbst in Zyklen entwickelt. Dies alles zeigt aber auch, dass Phasen mit Kursverlusten normal sind und selbst in guten Börsenjahren auftreten. Der Dax zum Beispiel kletterte im Jahr 2019 zwar von rund 10.300 auf über 13.000 Punkte.

Doch selbst in einem so guten Aktienjahr kam es zu Schwankungen. Im Sommer 2019 verlor der Index in kurzer Zeit rund 1.000 Punkte. Besonders schlimm erwischte es den Index zu Beginn der Pandemie. Da fiel er in knapp einem Monat von 13.750 auf 8.600 Punkte. Anfang 2021 aber hatte er diesen Verlusten aber wieder wettgemacht.

Doch auch wenn es in der Folge mancher Ereignisse länger dauert, bis der Aktienmarkt seine Verluste wieder aufholt – nach der Finanzkrise zum Beispiel vergingen knapp sechs Jahre, bis der Aktienmarkt sein Vorkrisenniveau wieder erreichte –, für Anleger hatte es sich unter dem Strich langfristig stets ausgezahlt, dabei zu bleiben, selbst wenn das Depot im Minus war.

Und im Gegenteil kann der voreilige Verkauf dazu führen, dass Anlegern der Wiedereinstieg nicht gelingt. Dann hat man Verluste realisiert, die Erholung aber verpasst und womöglich gefährdet man damit die Erreichung der eigenen Anlageziele.

So verhalten Sie sich richtig, wenn das Depot im Minus ist

Was also können Anleger tun, um nicht dem Regency Bias zu erliegen und zu verkaufen, wenn das Depot im Minus ist? Hier einige Tipps:

  1. Legen Sie sich schon jetzt einen genauen Plan zurecht, wie Sie in der nächsten Krise vorgehen werden.
  2. Machen Sie sich bewusst, dass Schwankungen am Kapitalmarkt und am Aktienmarkt im Besonderen normal sind. Wer diesen Text bis hierhin gelesen hat, dürfte bereits einen guten Schritt weiter sein, um bei der nächsten Korrektur nicht zu verkaufen.
  3. Das tägliche Rauschen ausblenden. Dies ist nicht einfach, werden wir doch laufend mit aktuellen Nachrichten konfrontiert. Nehmen Sie stattdessen eine langfristige Perspektive ein und stellen Sie sich die Frage, wo Sie die Weltwirtschaft in fünf oder zehn Jahren sehen. Kommen Sie zu der Überzeugung, dass die aktuelle Krise dann hinter uns liegt und die globale Wirtschaft noch funktioniert, dann gibt es keinen Grund zum Ausstieg.
  4. Nicht jeden Tag auf das Portfolio schauen. Wer sich eine langfristige Strategie, die zu den individuellen Bedürfnissen passt, erarbeitet hat, sollte ihr vertrauen – und sie nicht gleich bei der ersten Korrektur über den Haufen werfen.
  5. Dennoch kann es schwierig sein, Emotionen auszuschalten. Vor allem dann, wenn man mit Verlusten nicht gut umgehen kann. Holen Sie sich im Zweifelsfall externe Unterstützung durch einen erfahrenen Finanzberater, der in der Lage ist, auftretende Krisen und Marktturbulenzen ohne Emotionen zu analysieren.

Spezialtipp: Einsteigen, wenn die Angst am Markt am größten ist

Es gibt zwar kein eindeutiges Signal dafür, wann sich der Einstieg lohnt. Der bekannte Investor Warren Buffett aber sagte: „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und sei gierig, wenn andere ängstlich sind.“ Wenn also die Angst am Markt am größten ist und es kein Licht am Ende des Tunnels zu geben scheint, dann kann es ein guter Zeitpunkt sein, einzusteigen. Ablesen lässt sich die Stimmung am Markt an sogenannten Sentiment-Indizes.

5 FAQ zum Thema Depot im Minus

Das Problem dabei ist, dass es schwierig ist, wieder zu investieren. Wie die Weisheit „An der Börse wird nicht geklingelt“ besagt, gibt es kein eindeutiges Signal, wann der Zeitpunkt für den Wiedereinstieg gekommen ist. Es ist also besser, gleich investiert zu bleiben.

Krisen haben sich in der Vergangenheit stets als gute Einstiegszeitpunkte erwiesen. Deshalb kann das eine gute Strategie sein. Das Risiko ist, dass man „in ein fallendes Messer greift“. Das heißt, die Kurse gehen erstmal noch weiter nach unten. Damit sollte man, wenn man in einer Krise nachkauft, leben können.

Selbst wer risikoavers ist und bei Wertschwankungen im Depot nicht mehr ruhig schlafen kann, sollte sich das gut überlegen. Derzeit bieten Bankguthaben im besten Fall eine Verzinsung von einem Prozent. Jedoch betrug die Inflationsrate im vergangenen Jahr im Schnitt knapp acht Prozent, womit Sparbücher oder andere Bankeinlagen nur eines sicher bieten: einen realen Wertverlust des Geldes.

Wie der Nobelpreisträger Harry M. Markowitz in den 1950er Jahren nachgewiesen hat, verbessert eine breite Diversifikation die Rendite, ohne die Inkaufnahme eines zusätzlichen Risikos, oder reduziert das Risiko bei gleichem Ertrag. Letzteres bedeutet, dass ein gut diversifiziertes Portfolio in einer Krise geringere Verluste aufweisen sollte als der breite Aktienmarkt.

Ein Bärenmarkt liegt dann vor, wenn die Kursverluste gegenüber dem vergangenen Höchststand mehr als 20 Prozent betragen. Im vergangenen Jahr befand sich der Dax mit einem Verlust von rund 27 Prozent in der Spitze also in einer Baissephase. 

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